Trotz sinkender Deckungsgrade: Kein Grund zur Panik!
Die anhaltenden Unsicherheiten und die negativen Entwicklungen auf den Anlagemärkten gehen auch an den Schweizer Pensionskassen nicht spurlos vorbei. Wie eine Intermakler-Analyse von ausgewählten wichtigen Pensionskassen zeigt, sind die Deckungsgrade teilweise markant gesunken.
Der Deckungsgrad ist ein wichtiger Indikator für die finanzielle Stabilität einer Pensionskasse. Die Kennzahl weist aus, zu wie viel Prozent die Verpflichtungen mit Vermögenswerten gedeckt sind. Fällt der Deckungsgrad unter 100%, erhalten Rentner*innen trotzdem ihre vollen Renten. Angestellte, welche zu diesem Zeitpunkt aus der Firma austreten, erhalten ebenso 100% des angesparten Vorsorgekapitals. Aufgrund einer erheblichen Unterdeckung können aber unter anderem Sanierungsmassnahmen oder eine Senkung der Verzinsung notwendig werden. Bei praktisch allen analysierten Pensionskassen lag der Deckungsgrad per 30. Juni 2022 unter dem avisierten Wert, der durch die Ziel-Wertschwankungsreserve (WSR) ausgedrückt wird. Eine Ziel-WSR von zum Beispiel 15% bedeutet, dass die Vorsorgeeinrichtung einen Deckungsgrad von 115% anstrebt.
Drei Gründe, warum man nicht in Panik verfallen sollte
Auf den ersten Blick scheint diese Entwicklung besorgniserregend. Bei einer genaueren Betrachtung zeigt sich aber, warum vorderhand kein Anlass zu übertriebener Sorge besteht.
Momentaufnahme
Beim Deckungsgrad handelt es sich jeweils um eine Momentaufnahme. Lagen die Werte zu Jahresbeginn noch im Rahmen oder gar oberhalb des Zielbereichs, haben sie innerhalb von sechs Monaten einen Einbruch erlitten. Die meisten Pensionskassen weisen aber auch weiterhin einen Deckungsgrad von über 100% aus. In einigen Monaten kann sich die Situation in den jeweiligen Anlageklassen (z.B. Aktien), je nach politischen und wirtschaftlichen Entwicklungen wieder beruhigen. Entscheidend für die finanzielle Stabilität der Pensionskassen ist die langfristige Entwicklung – sowohl in der Vergangenheit als auch in Zukunft.
Anlagestrategie
Die Deckungsgrade sind gesunken, liegen jedoch verhältnismässig zur Börsenentwicklung noch auf einem «guten» Niveau. Die Verletzlichkeit der Pensionskassen hängt unter anderem davon ab, mit welchen Quoten die Vorsorgeguthaben in Aktien, Obligationen und Immobilien angelegt werden. Aufgrund der in der Regel diversifizierten und langfristigen Anlagestrategie können die Pensionskassen auch negative Kapitalmarktentwicklungen durchstehen – und haben dies in der Vergangenheit bereits bewiesen.
Ein Indikator unter anderen
Neben dem Deckungsgrad gibt es noch weitere wichtige Kennzahlen zur Bestimmung der finanziellen Stabilität. Zum Beispiel der technische Zinssatz, den eine Pensionskasse zur Abdiskontierung der künftigen Leistungen verwendet. Je tiefer der technische Zins ist, desto höher muss das Kapital einer Vorsorgeeinrichtung sein. Ausserdem beeinflussen andere Aspekte, wie der Rentner*innen-Anteil oder die Höhe der Risiko- und Verwaltungskosten, ob eine Pensionskasse langfristig ihren Verpflichtungen wird nachkommen können.
Trotz aller gerechtfertigten Relativierungen: Die gesunkenen Deckungsgrade sind eine Tatsache, mit denen sich die Pensionskassen und ihre Versicherten auseinandersetzen müssen. Für die Schweizer Unternehmen ist es deshalb umso wichtiger, die Situation und die Entwicklung ihrer Vorsorgeeinrichtung im Auge zu behalten und bei der Wahl der Pensionskasse richtige Entscheide zu fällen.