Coronavirus (SARS-CoV-2 / Covid-19): Versicherungssituation
Wir erläutern hier die häufigsten Fragen hinsichtlich der Versicherungssituation im Zusammenhang mit den Auswirkungen des Coronavirus. Für weitere spezifische Anliegen steht das Intermakler-Team den Kunden jederzeit zur Verfügung.
Stand: 12. November 2020
Sachversicherung: Betriebsunterbruch, Umsatzausfälle oder Mehrkosten als Folge des Coronavirus
Eine Pandemie stellt bei einer Sachversicherung kein versichertes Ereignis dar – weder mit klassischer noch mit All-Risk-Deckung. Betriebsunterbruch, Umsatzausfall sowie Mehrkosten bedürfen für eine Deckung als Ursache einen Sachschaden, der aus versicherten Gefahren wie Feuer, Elementar, Wasser, Glasbruch und Einbruch verursacht wurde. Ebenso sind Mehrkosten oder Umsatzeinbussen, die auf Schäden oder Unterbrüche beim Lieferanten zurückzuführen sind (sogenannte Rückwirkungsschäden), in der aktuellen Situation nicht gedeckt, da kein versichertes Ereignis eingetreten ist.
Epidemieversicherung: Betriebsunterbruch, Umsatzausfälle oder Mehrkosten als Folge des Coronavirus
Die auf dem Markt existierenden Epidemieversicherungen umfassen spezifische Deckungen, welche für bestimmte Branchen (z.B. Tourismus, Gastronomie, Nahrungsmittelverarbeitung, Spitäler) geeignet sind und sich auf Schäden beschränken, die direkte Auswirkungen von behördlichen Massnahmen darstellen. In der Regel sind Grippen/Influenzen und Pandemien von der Deckung ausgeschlossen.
Am 11. März 2020 hat die Weltgesundheitsorganisation (WHO) eine Coronavirus-Pandemie ausgerufen. Entsprechend sind Auswirkungen des Coronavirus respektive der behördlichen Massnahmen innerhalb einer Epidemieversicherung in der Regel nicht mehr gedeckt. Positive Ausnahmen stellen die Epidemieversicherung der Mobiliar, Vaudoise und Basler dar, welche eine Pandemie nicht von der Deckung ausschliessen und entsprechend Leistungen erbringen.
In der Zwischenzeit konnte dank Interventionen und Initiativen von verschiedenen Marktplayern (Broker, SIBA, Ombudsmann Versicherungswirtschaft, Gastrosuisse u.a.) erwirkt werden, dass die AXA, Helvetia sowie Zurich Versicherung freiwillige (Teil-)Schadenzahlungen bei Epidemiedeckungen leisten.
Es gilt jedoch jeden Schadenfall im Detail in Absprache mit den Versicherungsgesellschaften zu prüfen.
Die Versicherer distanzieren sich seit Ende Sommer/Herbst von der Bezeichnung „Epidemieversicherung“ und verwenden für eine Deckung, welche grossflächige Szenarien ausschliesst, neue Bedingungen und Produktenamen wie z.B. „Hygieneversicherung“.
Krankentaggeldversicherung: Arbeitsunfähigkeit/Ausfall von Mitarbeitenden
Personen ab 65 Jahren und alle Personen mit bestehender Vorerkrankung (Bluthochdruck, Diabetes, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Chronische Atemwegserkrankungen, Erkrankungen und Therapien, die das Immunsystem schwächen, Krebs) sollen auf Anordnung des Bundesrats zu Hause bleiben und Menschenansammlungen vermeiden. Die Arbeitgeber stehen in der Pflicht besonders gefährdete Personen zu schützen:
„Arbeitgeber/innen ermöglichen besonders gefährdeten Personen, ihre Arbeit von zu Hause aus zu erledigen. Dazu treffen sie geeignete organisatorische und technische Massnahmen. Kann die besonders gefährdete Person nur vor Ort arbeiten, müssen die Arbeitgeber/innen dafür sorgen, dass sie die empfohlenen Hygiene- und Verhaltensmassnahmen (Hände waschen, Abstand halten) einhalten kann. Sie ergreifen dazu die notwendigen organisatorischen und technischen Massnahmen. Wenn sich ein Arbeitgeber nicht daran hält, kann der Betrieb geschlossen werden. Kann ein Arbeitgeber/eine Arbeitgeberin die genannten Vorgaben nicht erfüllen, muss sie der besonders gefährdeten Person den Lohn fortzahlen. Eine besonders gefährdete Person teilt ihre besondere Gefährdung ihrem Arbeitgeber durch eine persönliche Erklärung mit. Der Arbeitgeber kann fallweise ein ärztliches Attest verlangen.“
(Weisung des Bundesrats)
Sofern keine Krankheit im medizinischen Sinn festgestellt wurde, aber der Arbeitnehmer als Präventionsmassnahme nicht arbeiten kann oder darf, werden in der Regel keine Leistungen der Krankentaggeldversicherung (KTG) ausbezahlt. Der Lohn ist im Sinne der Lohnfortzahlungspflicht weiterhin vom Arbeitgeber zu entrichten.
Erkrankt ein Arbeitnehmer oder eine Arbeitnehmerin am Coronavirus, besteht eine Deckung in der KTG. Zu beachten gilt jedoch, ob der Fall länger dauert als die in der Police vereinbarte Wartefrist. Diverse Versicherer sehen aktuell von einer Verkürzung der Wartefrist ab, insbesondere unter 30 Tage.
Werden jedoch Arbeitnehmende, welche in direktem Kontakt mit Infizierten standen, auf Anweisung eines Arztes oder der Behörden isoliert, respektive angewiesen zu Hause zu bleiben, kann eine Deckung der KTG vorliegen, auch wenn keine Krankheitssymptome aufgetreten sind.
Betriebs- und Berufshaftpflicht: Haftung für Auswirkungen des Coronavirus
Wird durch die Folgen des Coronavirus, respektive der behördlichen Schutzmassnahmen durch Ihren Betrieb ein Personen-, Sach-, ein daraus folgender Vermögensschaden oder bei einer Berufshaftpflicht zusätzlich der reine Vermögensschäden bei einer Drittpartei verursacht, sind Ansprüche Ihnen gegenüber denkbar.
Die Haftpflichtversicherung deckt die gesetzliche Haftung, d.h. der Versicherer entschädigt berechtigte Forderungen und wehrt unrechtmässig gestellte Forderungen ab. Vertraglich vereinbarte Haftungen, die die gesetzliche Haftung übersteigen sind i.d.R. nicht versichert, jedoch kann der Geschädigte dem Verursacher die Ansprüche stellen.
Die Haftpflichtversicherung kennt üblicherweise keinen Ausschluss für Seuchen oder Pandemien, so dass entsprechende Fälle geprüft würden. Bei einer Pandemie, wie im Falle des Coronavirus ist allerdings der Nachweis der in der Haftung notwendigen Kausalkette schwierig, teilweise sogar unmöglich (z.B. wer hat wen tatsächlich infiziert?). Zudem muss ein Verschulden nachgewiesen werden und es stellt sich die Frage der höheren Gewalt. Wir gehen davon aus, dass sich die Fälle vornehmlich in der Abwehr ungerechtfertigter Forderungen bewegen werden.
Schadenverhütungskosten sind in der Haftpflichtversicherung gedeckt. Allerdings können selbst auferlegte oder durch die Behörden entschiedene Betriebseinschränkungen nicht als Schadenverhütungskosten angemeldet werden. Hierunter fallen nur Kosten, wenn ein konkreter Fall, den es abzuwenden gilt, unmittelbar droht. Präventionsmassnahmen müssen grundsätzlich durch den Betrieb getragen werden. Auch Konventionalstrafen und das nicht Einhalten von Terminen mit Vermögensschadenfolgen beim Dritten sind üblicherweise Unternehmensrisiken und auch im Fall von Corona nicht versichert.
Bei den Deckungsausschlüssen wichtig zu nennen scheinen uns Vergehen, z.B. gegen behördliche Massnahmen oder die Inkaufnahme.
Das Haftpflichtrecht ist allerdings von vielen Faktoren abhängig und so muss jeder Fall individuell geprüft werden.
Organhaftpflicht (D&O): Haftung für Auswirkungen des Coronavirus
Organe (z.B. Verwaltungsrat, Geschäftsleitung, bestimmte Kadermitarbeitende) haften mit ihrem persönlichen Vermögen gegenüber dem eigenen Unternehmen, den Aktionären sowie gegenüber Dritten für Vermögensschäden, sofern ihnen eine Pflichtverletzung nachgewiesen werden kann. Schutz hierfür bietet die Organhaftpflichtversicherung. Ein Schuldnachweis dürfte für Auswirkungen von Massnahmen im Zusammenhang mit dem Coronavirus schwierig sein, ausser es ist nachweisbar, dass in fahrlässiger Weise oder systematisch Risiken in Kauf genommen werden (z.B. Verschweigen von Infektionen innerhalb des Betriebs, Zwang von Risikogruppen zur Präsenz am Arbeitsplatz) und diese zum Vermögensschaden führen. Auch hier ist zu erwähnen, dass Verbrechen und Absicht nicht versichert sind. Versichert ist dagegen ein Fall trotz Grobfahrlässigkeit eines Organs.
Rechtsschutz
Die Rechtsschutzversicherung übernimmt die Beratung und die Kosten (u.a. Rechtskosten wie für externe Juristen, Gerichte, Experten).
Über die versicherten Rechtsgebiete (Vertragsrecht, Immobilien, Arbeitsrecht, Verkehr etc.) gibt die Police Auskunft. Entsprechend sind für diese Rechtsgebiete Rückfragen und die Erledigung von Fällen im Zusammenhang mit dem Coronavirus möglich.
Berufliche Vorsorge: Bezahlung BVG-Beiträge mit Arbeitgeberbeitragsreserven
In der beruflichen Vorsorge können vom 12. November 2020 bis am 31. Dezember 2021 die Arbeitnehmerbeiträge vom Konto Arbeitgeberbeitragsreserven bezahlt werden. Diese Massnahme soll es den Arbeitgebern erleichtern, Liquiditätsengpässe zu überbrücken (weitere Informationen).
Damit wird die Covid-19-Verordnung zur Beruflichen Vorsorge, die der Bundesrat am 25. März 2020 im Notrecht verabschiedet hat und die bis am 26. September 2020 gültig war, auf der Basis des vom Parlament beschlossenen Covid-19-Gesetzes wieder aufgenommen.
Arbeitsrechtliche Fragen
Bezüglich arbeitsrechtlicher Fragen, zum Beispiel Kurzarbeit, Lohnfortzahlung oder Fernbleiben, verweisen wir Sie auf dieses gut strukturierte PDF der GHR Rechtsanwälte AG sowie auf die Webseite des SECO.
Weitere hilfreiche und wichtige Informationen zum neuen Coronavirus